Quelle:  Kilian Derdau

Grießen

 

Die Pfarrkirche St. Peter und Paul, unübersehbar auf der Höhe, eingeweiht 1904, im neugotischen Stil an der Stelle älterer Kirchen erbaut. Die Kirchenpatrone sind die Apostel Petrus und Paulus.

Patrozinium: 29. Juni

In einer Urkunde erscheint Grießen erstmals 1096 als „Griezheim" Grießen ist ein alter Marktfleck, der schon Ende des 16. Jahrhunderts Märkte hatte. Um 1100 wird ein Edelmann von „Griezheim" genannt, ein Geschlecht, das im laufe der folgenden Jahre immer wieder auftritt. Die zentrale Bedeutung von Grießen als Marktfleck riss nie ab. Heut finden jährlich noch 5 große Krämermärkte statt. Im 30 jährigen Krieg wurde Grießen schwer heimgesucht. Nur wenige Häuser, unter ihnen die Kirche, überlebten die Einfälle der Schweden und Franzosen.

Die Ursprünge des Christentums in unserer Heimat stammen wahrscheinlich von den Römern, die die ersten Elemente des Glaubens in unsere Region gebracht haben. Aber nach deren Vertreibung verwischten die Germanen die zarte Spur der christlichen Botschaft wieder. Erst die beiden Glaubensboten des 6. und 8. Jahrhunderts, die heiligen Fridolin und Pirmin, haben den Keim des Christentums in unserer Heimat pflanzen könne. Nach Gründung des Bistum Konstanz traten in unserer Gegend geordnete religiöse Zustände ein.

 

Seit bestehen des Klosters Rheinau in der Mitte des 8. Jahrhunderts übte das Kloster die Rechte über das Pfarrdorf Grießen aus.

Eine Urkunde von Papst Innocens II. aus dem Jahre 1140, in der die Kirche St. Petr und Paul von Grießen bestätigt wird, ist die erste geschichtliche Nachricht über das Gotteshaus. Doch ist anzunehmen, dass die Kirche sicher schon viel früher gebaut wurde.

Als im gleichen Jahrhundert das Kloster St. Blasien Güter und Rechte in Grießen erwarb, entstand wegen des Patronatsrechtes ein Streit, der damit beigelegt wurde, dass St. Blasien an den Stift Rheinau 30 Mark Silber bezahlen musste, worauf 1187 Rheinau auf weitere Ansprüche verzichtete. Eine bischöfliche Urkunde bestätigte 1405 erneut die Patronatsrechte des Klosters St. Blasien. Als Erinnerung ist heute noch das St. Blasiuswappen von 1587 am Pfarrhaus zu sehen. Der Ring am alten Fundament des Kirchturms diente möglicherweise zum Anbinden des Reittieres, das der Geistliche benutzte, wenn er zum Gottesdienst oft weite Strecken bei schlechtem Wetter zurückgelegt hatte. Erst 1806 endeten die Pfarrrechte mit der Aufhebung des Klosters St. Blasien.

Der Bauernkrieg (1523 bis 1525) hatte in unserer engeren Heimat tiefe Wurzeln und im Ablauf der Ereignisse schlimme Auswirkungen für Land und Leute. Der Wiedertäufer Thomas Müntzer, der über Nürnberg und Basel in den Klettgau kam, stachelte mit seinem Gesinnungsgenossen Balthasar Hubmaier, Pfarrer in Waldshut, die Bauern des Klettgaus auf, gegen die Herrschaft und für eine christliche Demokratie zu kämpfen. Während seines achtwöchigen Aufenthaltes in der Klettgaugemeinde Grießen nahm er mit den Führungsleuten der aufständischen Bauern, unter ihnen der Bürger Klaus Wagner, Kontakt auf. Doch bereits schon im Dezember 1524 kehrte Thomas Müntzer dem Klettgau den Rücken und zog nach Thüringen zurück.

Den Aufstand der unzufriedenen schlugen die Getreuen des Grafen von Sulz, der auf der Küssaburg residiert, nieder. Dem Hauptmann Klaus Wagner ließ man die Augen ausstechen und die Finger der rechten Hand abhauen. Es wurde als abschreckendes Beispiel den reformationswilligen Waldshutern öffentlich vorgestellt.

Der Graf von Sulz übte an den Grießheimern fürchterliche Rache. Der katholische Glaube wurde wieder im sulzischen Klettgau eingeführt. Pfarrer Haltenbach, den die Griesseheimer zu beginn des Aufstandes vertrieben hatten, trat wieder in Amt und Rechte ein. Jede Pfarrkirche des Klettgaus musste die größte ihrer Glocken abgeben.

Das Kloster hatte noch immer das Besatzungsrecht auf die Pfarrei Grießen, doch die eingesetzten Weltpriester klagten zunehmend über die geringe Kompetenz; sie fühlten sich vom Kloster zu stark eingeschränkt und in die Pflicht genommen. St. Blasien entschloss sich darum, die Pfarrei von seinen Mönchen versehen zu lassen.

Unter dem Konventherren Alexander Häflin, der seit 1563 Pfarrer in Grießen war, wandte sich 1576 die ganze Gemeinde an den Abt von St, Blasien mit dem Gesuch eine größere Kirche bauen zu lassen. Das Ansinnen wurde mit einer zu engen Kirche begründet. Man wollte sie erweitern und einen Turm dazustellen. Weil St. Blasien den Antrag billigte, wurde der Bau sofort in Angriff genommen. St. Blasien griff den beiden Kirchengemeinden Grießen und Oberlauchringen mit einem unverzinslichen Darlehen von 400 Gulden unter die Arme. Das dem hl. Petrus geweihte Gotteshaus überdauerte sogar der Dreißigjährige Krieg, musst aber schon nach 107 Jahren einer noch größeren Kirche weichen.

Das Pfarrhaus, das Ende des 16. Jahrhunderts in baufälligem Zustand war, wurde gleichzeitig mit dem Kirchenbau erneuert. Bis ins 19. Jahrhundert erfolgten immer wieder bauliche Veränderungen. Trotzdem blieb es stets ein renovierungsbedürftiges „Sorgenkind". Unterlagen berichten, dass 1777 ein Feuer großen Schaden anrichtete. 1796 heißt es, die Schweineställe seinen so schlecht, dass die Schweine bald mit dem Stall davonlaufen würden. Ein Schreiner aus Bühl brachte 1807 am Pfarrhaus neue Fensterläden an. Diese seien zur Sicherheit notwendig, weil das „fremde Lumpengesindel, welches man anderenorts nicht dulde, sich im Schwarzbergischen Klettgau aufhalte. Die meisten Bürger von Grießen hätten Angst vor ihnen".

Die Pfarrei Grießen, die im Mittelalter eine eigene Kaplanei hatte, wurde 1622 von der Gemeinde Oberlauchringen getrennt. Der Lauchringer Pfarrer war aber bis 1819 verpflichtet, einmal wöchentlich in Grießen eine heilige Messe zu lesen.

Infolge der Schwedenkriege sank die Einwohnerzahl der Dörfer im Klettgau etwa um die Hälfte, doch erholte sich diese vor allem in Grießen recht bald wieder. Die Zunahme der Bevölkerung war schon allein aus der Tatsache ersichtlich, dass die Kirche für die Pfarrei zu eng wurde. Das Dorf Grießen zählte damals ungefähr 550 und die Filialgemeinde Geißlingen 450 Seelen.

Im Frühjahr 1683 wurde der Grundstein zum Neubau gelegt. Aus einer kurzen Erwähnung in der Geißlinger Chronik wissen wir, dass diese Kirche zum großen Teil durch Fronarbeit der Pfarrangehörigen, auch Kinder, gebaut wurde, weil „die Bauern zu Geißlingen 246 Fuhren dazu geleistet haben."

Die neu im frühbarocken Stil gebaute Kirche mit ihrem massiven Turm und einer runden Zwiebelhaube passte gut in das Landschaftsbild mit den sanften runden Kuppen der Ausläufer der Randenberge. Einer ausführlichen Beschreibung der Dichterin Frieda Grüninger zufolge führte ein gepflasterter Weg und eine Treppe mit 10- 12 Steinstufen hinauf auf die Plattform vor den Eingang der Kirche, die vom Friedhof umgeben war. Durch den Kirchturm konnte man in das Gotteshaus eintreten, ein zweiter Eingang lag auf der Südseite, dem Pfarrhaus gegenüber, den meistens die Jugendlichen benützten. Die einschiffige Hallenkirche war entsprechen ihrem Baustil mit hellen Glasfenstern ausgestatte. Ein eichenes Gestühl prägte den verhältnismäßigen großen Chorraum.

Den Hochaltar zierte ein Relief des Villingers Anton Schupp aus dem Jahre 1720, die Krönung Mariens, das beim Abriss der Kirche an das Bühler Gotteshaus gegeben wurde. Die Empore war dreigeteilt. In der Mitte war neben der Orgel Platz für den Kirchenchor, die rechte und linke Seite war für die aus der Schule entlassenen Jugendlichen und Jungmänner bestimmt.

Von der Kirchengemeinde Grießen, die bis 1898 mit dem Bergscheuerhöfen, Geißlingen und Heideggerhof bestand, wurde die Filiale Geißlingen getrennt und als Kuratie neu gebildet.

Zur gleichen Zeit hatte sich der Grießener Stiftungsrat überlegt, ob es nicht nützlich wäre, mit den recht groß angewachsenen Geldern eine neue größere und schönere Kirche zu bauen. Die Furcht vor einer Enteignung trieb die Grießener zu diesem Unternehmen an. Das erzbischöfliche Bauamt Konstanz entwarf den Plan zum Bau der neugotischen Kirche. An der Bauausführung waren meist Gastarbeiter aus Tirol beteiligt. Der rote Sandstein wurde aus Maulbronn, nördlich von Pforzheim herbeigeschafft. Ein stabiles Holzhaus auf dem hinteren Friedhof diente als Notkapelle während des Neubaus. Von der alten Kirche sind nur zwei Stockwerke des Turmes erhalten geblieben, man kann sie von außen an den etwas helleren Ecksteinen und innen am rohen Unterbau des Turmes mit der Jahreszahl 1577 erkennen.

Die Kirche, die wieder den heiligen Apostelfürsten Petrus und Paulus geweiht wurde, hat eine Länge von 38m, der Turm eine Höhe von 59m. Die Baukosten betrugen damals 300.000 Mark. Am Patroziniumtag 1900 wurde der Grundstein gelegt. Die beigelegte Urkunde beginnt:

„Im Namen der heiligen Dreifaltigkeit, Gott des Vaters, Gott des Sohnes und Gott des heiligen Geistes, unter Anrufung der Fürbitte der seligen Jungfrau und Gottesmutter Maria des heiligen Josefs, der heiligen Apostel Petrus und Paulus als Patron dieser Kirche, legen wir heute am 29. Juni , dem Kirchenpatronsfest, im Jahre des Heils 1900 (zugleich Jubeljahr), im vierundzwanzigsten Jahre der glorreichen Regierung unseres heiligen Vaters Leo XIII., im dreißigsten Jahr seit der Wiederaufrichtung, des deutschen Reiches, unter der Regierung des Kaisers Wilhelm II., Königs von Preußen, des Großherzogs Friedrich von Baden, als Dr. Thomas Nörber Erzbischof unserer Diözese, Dr. Friedrich Justus Knecht Weihbischof, Joseph Bury Pfarrer in Grießen, und Andreas Schill, Geistlicher Rat und Stadtpfarrer in Tiengen, Dekan des Kapitels Klettgau waren, den Grund und Eckstein dieser Kirche…"

Die feierliche Einweihung der Kirche erfolgte am 20. September 1904 durch den Freiburger Weihbischof Dr. Justus Knecht.

 

 

Aus dem handschriftlichen Programm geht hervor, dass der Bischof drei Tage in Grießen weilte und bei dieser Gelegenheit auch das Sakrament der Firmung spendete.

Der Kirchturm erhielt 1951 ein neues Geläut. Der damalige Pfarrherr empfing die Glocken hoch zu Ross. Beim feierlichen Zug durch den Kernort nahm die ganze Dorfgemeinschaft teil.

1958 wurde das vierstimmige Geläute mit der großen Christ- König- Glocke ergänzt und harmonisch abgerundet (b´- g´- f´- d´- b).

Die Orgel, von der Firma Willi Dold in Freiburg gebaut, wurde am 19. Dezember 1954 eingeweiht. Das zweimanualige Instrument, das mit Hauptwerk und Rückpositiv ausgestattet ist, hat 30 Register.

Das Gotteshaus behielt seinen ursprünglichen Bauzustand, weil es bis 1977 kaum renoviert wurde. Nach einer umfassenden Außenrenovation begann 1981 mit der Erneuerung der Heizungsanlage die Instandsetzung des Kircheninneren. 1983 folgen die Renovierung des Chorraumes und die Sanierung der elektrischen Anlagen. Im letzten Bauabschnitt wurde das gesamte Kirchenschiff einschließlich der Seitenaltäre und der Kreuzwegstationen restauriert. Die beiden Statuen der Kirchenpatrone wurden wieder in ihre ursprüngliche barocke Fassung zurückversetzt. Sie gehörten früher zum Hochaltarrelief, das sich seit 1900 in der Bühler Kirche Mariä Himmelfahrt befindet.

Das zum Teil wurmstichige Gestühl und der Gestühlsboden mussten ganz erneuert werden. Die gesamten Baukosten betrugen über 1 Millionen DM. Neben den großzügigen Spenden der Pfarrei und einem Zuschuss des Amtes für Denkmalschutz konnte das unfangreiche Unternehmen mit Hilfe von Darlehn und einem Zuschuss der Erzdiözese Freiburg finanziert werden.

2004 wurde der Wetterhahn der Kirch erneuert, da ihn ein Blitz entzwei gebrochen hatte. Der alte Wetterhahn wurde restauriert und hat eine neue Heimat beim Mayer Bäck gefunden.